Ein Streit in der Nachbarschaft eskaliert
An einem Sonntagvormittag gegen 9:00 Uhr startete Berti auf seiner Liegenschaft im Burgenland ein Fahrzeug der Marke Ferrari und ließ den Motor im Stand laufen. Nach etwa einer halben Stunde begab sich der auf der Nachbarliegenschaft wohnende Karli zu Berti, um diesen auf den ihn störenden Lärm hinzuweisen. Er läutete heftig an der Hauseingangstür, wodurch die erwachsene Tochter des Berti wach wurde. Sie öffnete die Eingangstür einen Spalt, woraufhin Karli diese aufdrückte und zielstrebig zur Garage ging, in der sich Berti mit einem Bekannten aufhielt. In der Garage ging der Karli sehr aufgebracht auf den Berti zu und fragte ihn, ob es denn notwendig sei, an einem Sonntagvormittag so lauten Lärm zu machen. Er meinte, dass er nicht schlafen könne und er die Polizei anrufen und ihn anzeigen würde, wenn das so weitergehe. Berti war dadurch so aufgebracht, dass er den Karli zu Boden stieß, wodurch sich dieser verletzte. Karli verlangt nun vor Gericht Schadenersatz für die erlittene Verletzung. Muss er durch die Provokation des Berti ein Mitverschulden anrechnen lassen?
Dem Obersten Gerichtshof (Entscheidung vom 20.4.2022, 1 Ob 47/22a) war eine bloß mündliche Provokation für ein Mitverschulden zu wenig. Dazu wird in der Entscheidung ausgeführt: Auch wenn der Kläger (Karli) hier die Liegenschaft des Beklagten (Berti) widerrechtlich betreten hat und sehr aufgebracht auf den Beklagten zugegangen ist, hat er nach den Feststellungen doch gleich den Grund für sein Erscheinen klargestellt und sein Anliegen mitgeteilt, das ja durch das rücksichtslose Verhalten des Beklagten heraufbeschworen worden war. Der Kläger agierte dabei weder besonders aggressiv noch in irgendeiner Weise beleidigend noch drohte er dem Beklagten mit Tätlichkeiten. Vielmehr stellte er bloß in Aussicht, die Polizei einzuschalten, wenn das so weiter gehe.