Wrongful birth - wrongful conception.
Der Beklagte in diesem Verfahren ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe. Die Kläger sind Eltern einer Tochter, bei deren Geburt sich zu Tage trat, dass bei ihr eine Amelie vorliegt; das heißt ihr fehlt die linke obere Extremität, statt der lediglich eine rudimentäre Armknospe vorhanden ist. Der Beklagte verwendet in seiner Ordination ein hochwertiges Ultraschallgerät. Hätte der Beklagte bei einer frühen Untersuchung der Erstklägerin etwas länger gewartet, bis der Fötus seinen Körper etwas gedreht und dabei die linke Schulter etwas vorgebeugt hätte, wäre das Fehlen der linken Extremität bereits damals aufgefallen. Hätte der Beklagte der Erstklägerin mitgeteilt, dass ihrem Kind eine obere Extremität zur Gänze fehlt, hätte sie das Kind abgetrieben.
Die Entscheidung des OGH (3Ob9/23d) hat eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung, zumal der (verstärkte) Senat des OGH folgende Rechtsätze formulierte:
Sowohl bei einem medizinischen Eingriff, der die Empfängnisverhütung bezweckt (zB Vasektomie oder Eileiterunterbindung), als auch bei der Pränataldiagnostik sind die finanziellen Interessen der Mutter (der Eltern) an der Verhinderung der Empfängnis bzw. – bei Vorliegen der embryopathischen Indikation – der Geburt eines (weiteren) Kindes vom Schutzzweck des ärztlichen Behandlungsvertrags umfasst. Wäre das Kind bei fachgerechtem Vorgehen bzw. ordnungsgemäßer Aufklärung der Mutter (der Eltern) nicht empfangen bzw. nicht geboren worden, haftet der Arzt (unabhängig von einer allfälligen Behinderung des Kindes) insbesondere für den von den Eltern für das Kind zu tragenden Unterhaltsaufwand.